Zadie Smith: Betrug
England 1873. Elizabeth Touchet lebt bei ihrem angeheirateten Cousin, dem mittlerweile erfolglosen Schriftsteller William Ainsworth, für den sie in den vergangenen Jahrzehnten den Haushalt geführt hat, erste Leserin seiner Manuskripte und mitunter auch Geliebte war. In den literarischen Zusammenkünften im Hause ihres Cousins, an denen auch Charles Dickens teilnahm, war sie keine passive Zuhörerin, sondern erstaunte und irritierte die ausschließlich männlichen Anwesenden mit ihren eigenwilligen Meinungen zur Literatur und Gesellschaft. Doch die glücklichen Zeiten des Wohlstands sind vorbei: Ainsworth hat die junge Küchenhilfe Sarah geheiratet, der literarische Freundeskreis hat sich zerstritten. Und ganz England spricht nur noch über den Fall Tichborne: Arthur Orton, ein australischer Metzger, behauptet, der bei einem Schiffsunglück ertrunkene Sohn des Adelsgeschlechts Tichborne zu sein und will sein Erbe antreten.
Elizabeth begleitet Sarah, eine glühende Anhängerin Ortons, zum Prozess. Fasziniert ist sie von einem Zeugen, der von der wahren Identität Ortons überzeugt ist: dem ehemaligen, jamaikanischen Sklaven und späteren Hausdiener Andrew Bogle, dessen Geschichte und Leidensweg geschildert wird.
Zadie Smith nimmt uns mit ins viktorianische Zeitalter: Mit einer Prise Humor und scharfsinnigen Dialogen lässt sie ihre Protagonistin Elizabeth das widersprüchliche Treiben ihrer Zeit kommentieren, das heute noch genauso aktuell ist wie damals: Populismus, Unterdrückung von Menschen, die gespaltene Gesellschaft, arm und reich.