Valerie Fritsch: Herzklappen von Johnson & Johnson

Suhrkamp, 22,00 €
Buchcover

Die Lektüre dieses Romans hat uns begeistert – in thematischer, sprachlicher und kompositorischer Hinsicht. Die österreichische Autorin erzählt aus der Perspektive ihrer Protagonistin Alma Episoden aus deren Familiengeschichte über drei Generationen.

Über Jahre führt sie mit Friedrich, einem Fotojournalisten, eine Fernbeziehung, ehe beide heiraten. Ihr gemeinsamer Sohn Emil hat eine seltene Krankheit, er spürt keinen Schmerz. Wie die Ängste Almas beschrieben werden, wie sie ihrem Sohn „Denkaufgaben zu Krankheiten und Unfällen“ stellt, wie sie ihm „Rätsel über die Zerbrechlichkeit der Menschen“ zu lösen gibt, ist grandios. Auf überzeugende Weise gelingt es Valerie Fritsch, Schmerz als Metapher für körperliche und seelische Krankheiten darzustellen.

Almas Interesse und Zuneigung gilt den Großeltern, zu ihren Eltern hat sie ein distanziertes Verhältnis. Der Großvater ist traumatisiert und krank aus einem kasachischen Straflager zurückgekehrt; von der Großmutter, die von undefinierbaren Schmerzen geplagt ist, hört Alma skurrile Geschichten aus der Familie. Nach ihrem Tod brechen Alma, Friedrich und Emil zu einer langen Reise in Richtung Osten auf. Über viele Länder fahren sie auf den Spuren des Großvaters bis nach Kasachstan. In vielfältigen, eindrucksvollen Bildern erzählt die Autorin von Menschen, Orten und Landschaften. Am Ende ihrer Reise sieht Alma, dass der Ort des Straflagers verschwunden ist – er ist in die Natur zurückgekehrt.