Myriam Leroy: Rote Augen

Deutsch von Daniela Högerle, Edition Nautilus, 22,00 €
Buchcover

Dieser autofiktionale Roman der belgischen Journalistin und Autorin Myriam Leroy lässt uns Lesende so aufgewühlt und fassungslos zurück, wie kaum ein anderer. Keine unbeschwerte Lektüre, aber eine Geschichte, die zwingend erzählt und gelesen werden muss.

Protagonistin des Buches ist eine erfolgreiche Radio-Journalistin mit eher linker Weltanschauung, die gern gesellschaftskritische Themen anpackt. Ihre Sendungen werden aufgezeichnet und gestreamt, was ihr eine nicht geringe öffentliche Sichtbarkeit und Social Media-Reichweite verschafft. Dann kommt eine Freundschaftsanfrage. Von Denis. Familienvater, bürgerlicher Typ, ein Bekannter eines Bekannten. Und was mit scheinbar harmlosen Komplimenten eines „Serial Likers“ beginnt, entwickelt bald eine unangenehme Übergriffigkeit. Die Betroffene geht zunächst in den Dialog und versucht, die Sache irgendwie zu managen, zumal sie sich von allen Seiten anhören muss, dass so etwas zwar unschön sei, aber dazugehöre, wenn man im Licht der Öffentlichkeit stehe. Als schließlich doch ihr Entschluss folgt, Denis zu blockieren, schlagen seine zunehmend geschmacklosen Annäherungsversuche in puren Hass um. Und er hetzt eine misogyne Follower-Meute auf sie, die absolut keine Tabus kennt.

Ein Roman über Cyber-Mobbing, Sexualisierung und Ohnmacht, über die fatalen Folgen von Hasskommentaren im Netz und was diese bei Betroffenen auszulösen vermögen. Myriam Leroy weiß, wovon sie schreibt, sie hat es am eigenen Leib erfahren. Und ein geniales Buch verfasst, das uns – auch dank einer glänzenden Übersetzung – mit unglaublicher Wucht einholt!