Thea Mengeler: Nach den Fähren
Die Insel, auf die uns Thea Mengeler in ihrem zweiten Roman mitnimmt, ist weder zeitlich noch geografisch verortet. Auf dem einst so beliebten Urlaubsziel, einem nun fast verlassenen Ort, irgendwo da draußen auf dem Meer, ist mit dem plötzlichen Ausbleiben der Fähren vor einigen Jahren das Leben fast zum Stillstand gekommen. Viele Bewohner haben die Insel verlassen, geblieben sind nur Wenige – Einheimische oder ehemalige Urlauber. Da ist der Hausmeister des Sommerpalastes, der noch immer tagtäglich seiner Arbeitsroutine nachgeht, oder die Doktorin, die im Apartment 3B wohnt und zum Einschlafen im Wechsel immer die gleichen drei Bücher liest. Und der Hafenwärter, der noch immer darauf hofft, dass vielleicht morgen die Fähren wiederkommen. An Bewegung oder Veränderung ist nicht wirklich zu denken; die Menschen haben sich, so scheint es, mit dem Rückzug und dem Alleinsein arrangiert. Bis eines Tages plötzlich Ada im Sommerpalast auftaucht und sich das Gefüge der einzelnen Figuren zu verschieben beginnt, ganz vorsichtig … Diese Vorsicht ist es, die diesen stillen Roman so faszinierend macht.
Thea Mengeler konzentriert sich auf das Wesentliche. In einer reduzierten, aber dennoch dichten, kunstvollen Sprache bewegen wir uns fast schwebend durch diesen Roman und beobachten die minimalen Verschiebungen, die die Figuren aus dem Stillstand erwachen lassen: wie kleine Plättchen, die auseinander- und wieder aufeinander zu driften und dadurch feine Risse sichtbar machen. Ein wahres Kunstwerk, dieses feine Buch!
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