Colm Tóibín: Der Zauberer

Deutsch von Giovanni Bandini, Hanser, 28,00 €
Buchcover

Einem neuen Buch über Thomas Mann begegnet man zunächst mit neugieriger Skepsis. Der bekannte irische Schriftsteller Colm Tóibín lässt seinen biografischen Roman 1891 in Lübeck im Haus des wohlhabenden Kaufmanns und Senators, des Vaters von Thomas, beginnen und schließt mit dem Besuch des 80-jährigen Thomas 1955 in der Lübecker Marienkirche.

Nach und nach werden wir hineingezogen in die Beschreibung dieses Künstlerlebens: Wir verfolgen den frühen schriftstellerischen Erfolg, die Heirat mit Katia Pringsheim, der Tochter einer jüdischen Münchner Gelehrten- und Bankiersfamilie und dem wichtigsten Menschen in seinem Leben, erleben die dramatischen Schicksale der Kinder, besonders der beiden ältesten, Erika und Klaus, die Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern Heinrich und Thomas.

Erst spät erkannte Thomas Mann den Terror der Nazis, ging 1933 ins Schweizer Exil und 1939 dann in die USA, um dort sein Leben als Schriftsteller weiterzuführen. Es sind vor allem die biografischen Bezüge in den Werken Thomas Manns, die Tóibín in „seine“ Biografie einbezieht. Die von Thomas Mann sorgsam verborgene Homosexualität beschreibt er mit Empathie. Es gelingt dem irischen Autor sehr gut, das Familienleben, die Reisen, die Begegnungen mit vielen Besucher*innen in lebhaften Dialogen szenisch auszugestalten. Eine sehr unterhaltsame Lektüre.