Lilian Thuram: Das weiße Denken
Rekordnationalspieler Frankreichs, Fußball-Welt- und Europameister – dies dürften die naheliegenden Assoziationen sein, die wir mit dem Namen und der Person Lilian Thuram verbinden. Thuram ist eine Legende des Profifußballs. Dabei steht sein gesellschaftliches Engagement dem sportlichen in keiner Weise nach; im Gegenteil: Mit seiner 2008 gegründeten Stiftung „Éducation contre le racisme, pour l’égalité“ leistet er fundamentale Aufklärungsarbeit hinsichtlich eines strukturell nach wie vor weit verbreiteten Rassismus. Dessen Überwindung, so beschreibt es Thuram in seinem Buch, kann nur gelingen, indem das „weiße Denken“ – die Betrachtung der Welt allein aus der Perspektive europäischer bzw. westlich geprägter Gesellschaften – überwunden wird und wir uns nicht „schwarz“ und „weiß“ begegnen, sondern allein als Menschen.
Wie sehr „weißes Denken“ global verankert ist, demonstriert er dabei anhand von Texten James Baldwins, Toni Morrisons und anderer namhafter Autor:innen. Und wie es sich ganz konkret äußert, wird pointiert aufgezeigt. Ein Beispiel: Haben wir eine Weltkarte vor Augen, finden wir Europa oben, Afrika unterhalb – laut Thuram die klassische Perspektive „weißen Denkens“, denn wechseln wir diese und drehen die Karte einfach um, erscheint der afrikanische Kontinent wesentlich zentraler, während Europa unten liegt und plötzlich viel kleiner wirkt. Alles also eine Frage von Sichtweisen auf die Welt – und gerade diese, so der Appell des Autors, sollten zwingend ergänzt, erweitert und erneuert werden. Ein unwiderstehliches Buch, das in vielerlei Hinsicht die Augen zu öffnen vermag!
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