Jirí Weil: Mendelssohn auf dem Dach

Deutsch von Eckhard Thiele, Wagenbach, 22,00 €
Buchcover

„Mendelssohn auf dem Dach“ ist ein Roman der Erinnerung, der Mahnung und des Widerstandes.
 Der Prager Autor Jirí Weil schrieb diese große tschechische Erzählung 
als ein Zeitzeuge, der dem Terror der Nationalsozialisten nur durch einen fingierten Selbstmord entgehen konnte. Seine Erzählung zeichnet das Bild einer von Gewalt und Tod gebrandmarkten Stadt. Die Prager Juden werden nach Theresienstadt deportiert und die Zurückgebliebenen versuchen, diesem drohenden Schicksal zu entgehen. Weil beschwört beklemmende Bilder herauf, in denen menschliche Abgründe, Resignation aber auch Mut und Humanität einander gegenüberstehen.

Der Autor entwirft beeindruckende Figuren, für die es kein Entkommen gibt. Schonungslos wird dabei Geschichte erzählt, die den Ermordeten 
und ihrem Schicksal eine Stimme verleiht. Weil, der selbst in den Nachkriegsjahren im Jüdischen Museum Prags arbeiten sollte, berichtet vom Raub jüdischen Eigentums und religiöser sowie kultureller Güter. Er verknüpft dabei die Geschichten der rechtmäßigen Besitzer mit denen seiner Protagonisten. Da ist der starke Richard Reisinger, der von den SS-Schergen gezwungen wird, das Gestohlene aus den Wohnungen zu holen und zu sortieren, da ist der Gelehrte Doktor Rabinowitsch, der die religiösen Gegenstände für eine perfide Ausstellung der Nationalsozialisten katalogisiert und zusammensetzt. Da sind die beiden jungen Schwestern Adéla und Gréta, die von dem Kommunisten Jan Kruliš in der Stadt versteckt werden, und da ist Julius Schlesinger – SS-Anwärter –, der den Auftrag erhält, die Statue Mendelssohns auf dem Dach des Rudolfinums zu zerstören. Dieser Klassiker der neueren tschechischen Literatur liegt nun endlich wieder in einer Neuausgabe im Wagenbach Verlag vor.