Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst
Eine junge Frau spaziert durch die Straßen von New York und isst sorglos eine Banane – und fühlt sich plötzlich zugehörig. Denn inmitten all dieser anderen schwarzen Menschen ist sie endlich unsichtbar.
Die namenlose Erzählerin weiß, dass sie privilegiert ist. Trotzdem weiß sie auch, dass es ihr als schwarze Frau, als Tochter einer Ex-Punkerin aus der DDR und ohne Vater im Hier und Jetzt scheiße geht. Sie erzählt von der eigenen Angst, vom Unverständnis anderer und öffnet den Blick in ein kaputtes Herz, nachdem sich der eigene Zwillingsbruder vor einen Zug geworfen hat. Sie geht mit sich selbst in ein Zwiegespräch, das einem rasanten Verhör gleicht, bei dem am Ende keiner mehr weiß, wer gut oder böse ist. Sie reist nach New York und Vietnam, um ein Zuhause zu spüren und Liebe zu finden. Und sie besucht ihre Mutter, zu der sie eigentlich am liebsten keine Beziehung hätte – oder lieber eine bessere?
Olivia Wenzel schreibt in ganz eigenem Stil über Rassismus, Angst, Freundschaft und Familie. Und das so vielschichtig, real und wütend, so bedrückend und gleichzeitig erschreckend humorvoll. Sie thematisiert Herkunft und Verlust, Einsamkeit und Liebe. „Wo bist du jetzt?“ ist die zentrale Frage im Buch, die auch automatisch auf uns Leser*innen übergreift und uns unmittelbar hineinzieht in den Sog, den die Autorin mit ihrem Debüt kreiert. Kreativ, aktuell und absolut wichtig – dieses Buch hat so viel Gutes und jeder sollte es lesen.
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